Wer im Leben keine Spuren hinterlassen hat, muss nicht spurlos von der Erde verschwinden.
Mit diesem Motiv schlossen sich 1997 Vertreter der katholischen und evangelischen Kirche in Köln sowie der Obdachlosenhilfe zu einer Initiativgruppe zusammen, sehr bewusst ohne eine Vereinsstruktur. Die damaligen Mütter und Väter der Initiative sind zum Teil auch heute noch engagiert, andere verstorben, verzogen oder haben neue Aufgaben andernorts übernommen. Von Anfang an bis heute geht es um den Kampf gegen eine Entsorgungsmentalität und anonyme Bestattungen ohne ausdrücklichen Willen der Verstorbenen zu Lebzeiten.
Ein erstes Gräberfeld erwarben die Engagierten mit Hilfe von Spendengeldern, 2005 und 2008 kamen weitere Gräberfelder hinzu – dort ließen sie eine Stele mit der Inschrift "Ich habe dich bei deinem Namen gerufen ..." errichten, fast 300 wohnungslose Menschen sind dort inzwischen bestattet. Blumen, Kerzen, kleine Gegenstände auf den Gräbern zeigen, dass die Verstorbenen auch bei ihren Freunden nicht vergessen sind. Die Initiative kümmert sich um würdevolle Bestattungen, beschriftete Grabsteine und die gärtnerische Pflege der Gräber. All dies wird ausschließlich durch Spenden finanziert.
Im Sommer 2022 haben Jugendliche der Pfarrgemeinde St. Severin die Grabplatten gereinigt und die Namen wieder lesbar gemacht. Im Mai 2019 konnte ein weiteres neues Gräberfeld eingeweiht werden – die ehemalige Grabstätte der Ordensschwestern, die im "Severinsklösterchen", dem Krankenhaus der Augustinerinnen, gelebt und gearbeitet haben. Wahrzeichen und Mittelpunkt der neuen Grabstätte ist ein imposantes Kreuz. Die Kosten für seine Restaurierung und erneute stabile Einbetonierung wurden dankenswerterweise von der Stadt Köln übernommen. Nach der feierlichen Einweihung mit vielen Verantwortlichen aus Politik, Gesellschaft und Kirche, mit Gemeindemitgliedern und Obdachlosen hat die Initiative die gärtnerische Gestaltung des neuen Feldes in Auftrag gegeben. Nach den Plänen der Steinmetzfirma Walk werden Grabplatten, Stelen und Kerzenbank gestalterische Akzente setzen.
In die Zukunft schauen die Mitglieder der Initiative nicht ohne Sorge: Viele Monate vergehen oft, bevor eine Bestattung der Urne eines Verstorbenen möglich ist – so lange wird seitens des Ordnungsamtes nach Angehörigen gesucht, die verpflichtet sind zur Kostenübernahme der Bestattung. Werden sie gefunden, fällt die Entscheidung meist für die billigste anonyme Bestattung. Ist eine Bestattung auf unserem Gräberfeld möglich, so ist es für die Freunde schwer, eines Menschen zu gedenken, der vielleicht schon ein Jahr zuvor verstorben ist.
Einen besonderen Wunsch haben die Mitglieder der Initiative – sie wollen sich verjüngen und hoffen, aus dem Kreis der Engagierten beim Nachtcafé (wir berichteten über diese Winter-Hilfe-Aktion) neue Mitstreiter zu gewinnen.