Neben der Bezeichnung Severinusmesse ist auch der Namen "Hörnchensmesse" geläufig. Er leitet sich ab von einem der Reliquiare im Hochchor von St. Severin, an denen die kleine Prozession vorbeizieht. Beim "Hörnchen" handelt es sich um ein verziertes Büffelhorn, das um 1500 als Reliquiar hergerichtet wurde. Es verweist auf den hl. Kornelius – zusammen mit dem hl. Cyprian Kompatron von St. Severin –, denn ein Horn ist das herkömmliche Attribut des hl. Kornelius. Das wiederum ist auf die volksetymologische Ableitung des Namens "Cornelius" von lateinisch "cornu" (Horn) zurückzuführen.
Wenn die Gläubigen heute am Ende der Severinusmesse unter dem Schrein und an den übrigen Reliquien vorbeiziehen, dann gewiss nicht mehr mit der Idee, man könne das Heil, welches von den Gebeinen ausgeht, auf sich übertragen – wohl aber in der Gewissheit, in einer langen gottesdienstlichen Tradition zu stehen und sich so in eine lange Kette von Betern vieler Generationen einzureihen. Dabei wird auch den in wertvollen Reliquiaren geborgenen Gebeinen verstorbener Menschen die Referenz erwiesen – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Dahinter steht jedenfalls eine vollkommene andere Haltung zum menschlichen Körper und zum Leben an sich als sie etwa menschenverachtende Regime und Ideologien der Moderne an den Tag legen.
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Dr. Joachim Oepen