26.06.2016, Hl. Messe zum Abschluss der Festwochen

Gedanken statt Predigt:

Mal was ganz anderes: Statt Predigt (viele von Ihnen haben in der letzten Zeit viele gehört und ich habe viele gehalten) ein Nach-klingen-lassen der beiden Festwochen "100 Jahre Kirche St. Maternus". Sie standen unter dem Thema "Zukunft braucht Erinnerung" und wie ich fand ist dieses Thema – ohne langweilig zu werden – in vielfältiger Weise zur Geltung gekommen. Viele haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unserer Gemeinde haben viel Zeit, Energie, Engagement und nicht zuletzt persönliche Glaubensfreude in die Vorbereitungen und in die Durchführung investiert. Damit es nicht wie so oft geht: "Dat han mer – un jetz?", möchte ich Sie und Euch einladen, sozusagen in einem kleinen Gedankenspaziergang die Elemente dieser Festwochen nachklingen zu lassen.

Begonnen haben wir vor drei Wochen mit einer Familienmesse, in der wir die immer noch hinten in der Kirche hängenden Bilder als ein Hoffnungsprojekt gegen Krieg und für den Frieden vorgestellt haben, gemalt von Kindern der GGS Zwirnerstr. Ausgangspunkt war das Lied "Der Friedensmaler" von Arkadi Ostowski geschrieben, von Fredrik Vahle 1983 übersetzt, in der Schule erweitert und von Anna und Franka hervorragend vorgetragen.

Dann kam der Sonntag mit dem großen Chorkonzert "The Peacemakers" des Walisers Karl Jenkins, von unserem Kammerchor nun schon zum 2. Mal aufgeführt und ein Höhepunkt in diesen gedenkenden Festwochen. Jenkins vertonte eindrucksvoll Worte des Friedens von Personen wie Gandhi, Nelson Mandela und Martin Luther King sowie andere inspirierende Aussprüche von Mutter Teresa, Albert Schweitzer, Anne Frank und dem Dalai Lama. Das Werk – eine Hommage an Menschen, die sich für den Frieden eingesetzt haben – enthält außerdem religiöse Texte aus der Bibel, dem Koran, von Franz von Assisi. Eine Zeile des berühmtesten persischen Dichters und Mystikers Rumi (13.Jh.) beschreibt treffend den ethischen Wert des Werks: "Alle Religionen, alle singen ein Lied: Friede sei mit dir."
Jenkins selber sagte: "The Peacemakers ist dem Gedenken all derer gewidmet, die ihr Leben in bewaffneten Konflikten verloren haben, im Besonderen den unschuldigen Zivilisten."

Nicht minder beeindruckend war die Lesung aus Erich Maria Remarques Anti-Kriegs-Roman "Im Westen nichts Neues", umrahmt von zeitgenössischer Musik von Bruch, Reger und Ravel hier an der vom 2. Weltkrieg beschädigten Kirchensäule. Und ich gestehe, dass ich sehr bewegt war, als ich letzten Sonntag bei der Pfarrprozession am Bodendenkmal am Namenszug Remarques, dessen Bücher 1933 an diesem Ort verbrannt wurden, mit der Monstranz den Segen erteilt habe.

Auch unseren jährlichen Krankensalbungsgottesdienst haben wir bewusst in diese Festwochen gelegt, um deutlich zu machen: Ihr Kranken, ihr alt gewordenen Menschen gehört selbstverständlich zu uns, seid nicht vergessen. Wir meinen es ernst mit unserem Thema: Zukunft braucht Erinnerung.

Beim Weinfest einen Tag vor dem Pfarrfest begegnete ich einer 100-jährigen Frau, die mir ganz stolz erzählte, dass sie 3 Monate älter ist als unsere Maternus-Kirche…

©SilviaBins-9152 (c) SilviaBins
Projekt Maternus (c) SilviaBins

Die Pfarrprozession mit den beiden Stationen "Adler im Friedenspark" und "Bodendenkmal vor der Fachhochschule" und den dort vorgetragenen Gedanken brachte den historischen Bogen zum Ausdruck. Josef Embgenbroich möchte ich stellvertretend zitieren: Von den 6-7 Prozessionen, die ich hier mitgemacht habe, war diese die beeindruckendste.

Das anschließende Pfarrfest: so bunt, so jung, so vielfältig - Musik für alle Generationen, Essen und Trinken für jeden Geschmack, viele Gespräche wurden geführt; eine bunte Mischung vielfältiger BesucherInnen hatte sich eingefunden; etwa 40 Kinder, Mütter und Väter aus dem Flüchtlingsheim an der Alteburger Str. konnten wir begrüßen.

Dann der Montag: 60 Leute beim Gespräch über "Krieg und Kirchenbau in Köln" – Fazit des Ehepaars Oepen, die diesen Abend vorbereitet haben: Auch in Zukunft sollten wir diesen Kirchort stärker in seiner Funktion als Ort der mahnenden Erinnerung wahrnehmen.

Letzten Freitag fand der 1. (offizielle) Teil der Verabschiedung von Marianne Ricking als KiTa-Leiterin statt. Uns bleibt sie ja als PGR-Vorsitzende und weitreichend ehrenamtlich engagiertes Gemeindemitglied erhalten. Beim Sommerfest im Kindergarten am 02.07. besteht für jeden die Möglichkeit, sich von ihr als Kindergartenleiterin zu verabschieden.

Sozusagen der krönende Abschluss: Gestern "KKG op Jöck" - trotz Sturzbächen vom Himmel wurde die wetterbedingt kleine Teilnehmergruppe an der Krypta vom "Hl. Severin" verabschiedet zum Gang nach St. Maternus und hier vom "Hl. Maternus" empfangen.

Zukunft braucht Erinnerung.

Jesus sagt: Tut dies zu meinem Gedächtnis.

Zukunft braucht Erinnerung.

Darum fragt bei jedem jüdischen Paschafest das jüngste Kind den Ältesten: "Warum ist diese Nacht anderes als alle anderen Nächte?" Und die Antwort lautet nicht, weil damals irgendwas passiert ist, sondern: "Weil wir Gefangene, Unfreie im Land Ägypten waren und weil Gott uns aus dem Land der Knechtschaft  in das Land der Verheißung geführt hat. Und im Buch Deuteronomium (6,20) heißt es ergänzend: "Wenn dich morgen dein Kind fragt: Warum achtet ihr auf Gottes Wort und lebt nach seinen Satzungen? Dann sollst du deinem Kind antworten: Wir waren Sklaven und der Ewige hat uns mit starker Hand befreit."

Schließen möchte ich mit einem Rat und einer Zuversicht aus dem Buch der Psalmen: "Achte auf den, der auf Gott vertraut und schau auf den Redlichen! Denn Zukunft hat der Mensch des Friedens." (Ps 37,37)


Johannes Quirl