Dieses außergewöhnliche Werk der späten Neugotik, das auf besondere Weise die frühe Pfarrgeschichte von St. Paul widerspiegelt, ist im Dezember 2010 hundert Jahre alt geworden.
Entworfen hat den knapp fünf Meter hohen Altar, der im linken Querschiff aufgestellt ist, Stephan Mattar. Er ist auch der Architekt der 1905-1908 erbauten Kirche. August Schmidt fertigte den Altaraufbau mit seiner kunstvollen Architektur im Stil der Spätgotik an. Das Figurenwerk schnitzte Alexander Iven.
Unter einem Stichbogen sind vier Kirchenlehrer versammelt, die die Marienverehrung in besonderer Weise gefördert haben: der heilige Bernhard von Clairvaux, der heilige Hieronymus mit rotem Kardinalshut, der heilige Augustinus mit Buch und Feder sowie der heilige Johannes Damascenus, der ein Marienbild hält mit dem Spruchband: "O gütige, o milde, o süße J(un)g(frau) Maria".
Das Herzstück des Altars bildet die Schutzmantelmadonna, deren ausgebreiteter Mantel von vier Engeln gehalten wird. Das Jesuskind wendet sich segnend den Frauen der Pfarrei zu, die auf der rechten Seite Zuflucht suchen. Im Vordergrund kniet eine Vinzentinerin mit der damals üblichen Flügelhaube, die sich zu einem Säugling hinbeugt. Sie steht stellvertretend für die Vinzenzschwestern, die im nahegelegenen Maria-Hilf-Kloster in der Rolandstraße Mädchen aus sozial schwachen Familien betreuten. Die Herren des Kirchenvorstandes, darunter auch Ludwig Stollwerck, haben sich auf der linken Seite versammelt. Vorne knien Kardinal Paulus Melchers, zu dessen Gedächtnis die Pauluskirche errichtet wurde, und der erste Pfarrer von St. Paul, Peter Haas, der bereits 1907 verstorben war.
Auf den beiden Altarflügeln sind die beiden Stifterinnen mit ihren Namens-patroninnen verewigt: links oben die heilige Gertrud und rechts oben die heilige Katharina von Alexandrien.
Die Stifterinnen Gertrud Vogt und Katharina Aberdahn sind von Spruch-bändern umgeben. Darauf ist zu lesen: "Maria breit den Mantel aus, mach ein Schutz und Schirm daraus/ lass uns alle drunter stehen, bis die Feindt vorübergehen."
Wird der Altar geschlossen, so zeigt die schlichte Außenseite der Flügel Spruchbänder mit dem "Gegrüßet seist Du, Maria".
Da im zweiten Weltkrieg einige Bestandteile des Altars verlorengegangen waren, wurde in den Nachkriegsjahrzehnten lediglich die Schutzmantelmadonna im linken Seitenschiff der Kirche aufgehängt. Die übrigen noch vorhandenen Teile waren sichtbar oder versteckt in der Kirche verteilt. Nachdem die Denkmalbehörde sich für eine originalgetreue Wiederaufstellung einsetzte, wurden die Teile des Marienaltars restauriert. Fehlende Stücke mussten nach historischen Fotografien rekonstruiert werden. Karl Heinz und Christoph Müller führten die Arbeiten aus.
Seit 1992 steht der restaurierte Altar wieder an seinem Platz.
Martin von Bongardt (2010)