Ich habe in meinem Berufsleben bisher erfahren, und ich denke, das gilt auch hier, dass es für Kinder und Jugendliche immer schwieriger wird, einen vitalen Bezug zum christlichen Glauben zu entwickeln.
Fast bekommen sie schon das Image des Merkwürdigen, wenn sie sich zu Glauben und Kirche bekennen. Ich möchte im Kontext von Glauben und Kirche Angebote (weiter)entwickeln, die für Kinder und Jugendliche so attraktiv sind, dass sie einen Zugang gewinnen. Überzeugende Angebote und überzeugende Beziehungen, das ist mir wichtig.
Und es ist mir wichtig, auch für andere Altersgruppen und Milieus Zugangswege zur Glaubens- und Gemeinschaftserfahrung zu schaffen, die unsere gewohnten Wege verlassen. Nicht zuletzt unsere Kirchenräume sind auch für Menschen attraktiv, die sich nicht in einer Sonntagsmesse wiederfinden.
Die Severinskirche wird wegen Sanierung geschlossen. Was erhoffen oder befürchten Sie da?
Ich sehe es als Chance, dass mehr Menschen als noch bisher den Kirchenraum St. Maternus als wertvollen Gottesdienstraum entdecken, mit seiner Klarheit, Schlichtheit, Weite. Sorge habe ich allerdings auch, dass wir Menschen verlieren, die sich an dem einen oder anderen Ort beheimatet fühlen.
Wie ist es mit Veränderung in der Kirche? Haben Sie mehr Sorge oder mehr Hoffnung?
Sorge habe ich aufgrund der enorm unterschiedlichen Strömungen in der Kirche, da treibt mich die Frage um, wie sich das zu einem guten Miteinander fügen kann.
Ich sehe uns aktuell an einem Scheideweg; werden wir in 20 Jahren noch eine Volkskirche mit prägender Kraft sein oder werden wir ein gesellschaftliches Nischendasein führen?
Hellhörig macht auch die Tatsache, dass die Zahl der Priester in naher Zukunft dramatisch abnehmen wird. Da werden wir Abschied nehmen müssen von vielem, was gewohnt und vertraut ist. Das muss nicht schlecht sein, aber dazu ist es nötig, dass man diesem Tatbestand klar ins Auge sieht. Ich erhoffe mir neue Aufbrüche in der Seelsorge, neue, ungewohnte Wege. Ich habe z.B. gute Erfahrungen gemacht mit der Kulturinitiative in St. Michael "Art und Amen", und mein Eindruck ist, dass wir noch ganz am Anfang stehen, das innovative Potential, das wir als Christengemeinschaft haben, zu entfalten.
Und jenseits der dienstlichen Dinge, was ist Ihnen wichtig?
Ich bin froh um gemeinsame Zeit mit meiner Familie. Viele Eltern erwachsener Kinder sagen einem: "Die Zeit mit den Kindern geht so schnell vorbei." Diese gemeinsame Zeit will ich / wollen wir intensiv erleben. Darüber hinaus bin ich sehr gerne in der Natur, brauche regelmäßig Bewegung und Sport und freue mich über Zeit zum Lesen. Und ich halte viel davon, gute Freundschaften zu pflegen.
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Das Gespräch mit Benedikt Kremp führte Ingrid Rasch