Einen spirituellen Ton kann man sich als Manager wohl kaum leisten, oder?
Ewald M.: Weniger. Unsere Firmenphilosophie lautet: Rau aber herzlich. In meinen Mitarbeitern versuche ich immer, nicht nur den Angestellten zu sehen, sondern auch den Menschen. Ich versuche, ihn in seinen Eigenarten zu belassen. Wenn einer schwierig ist, dann ist er eben so.
Michaela L.: Das versuche ich auch. Manche kritisieren mich dafür und sagen, ich hätte nicht die Manschetten durchzugreifen. Aber ich merke zugleich, dass, wenn ich geduldig mit anderen bin, irgendwann auch etwas zurückkommt.
Das klingt ja nach Wellness-Oasen am Arbeitsplatz.
Ewald M.: Natürlich muss der Laden laufen. Wir bewegen uns im Leistungssport. Breitensport findet woanders statt. Aber der Glaube ist für mich eine Art Versicherung, eine Versicherung, nicht zum Wolf zu werden.
Beten Sie bei der Arbeit?
Regina K.: Manchmal denke ich: Ich bin so dankbar, du Gott; es ist so ein Geschenk, dass ich malen kann und darf, ein göttliches Geschenk, vor allem wenn die Auftragslage gut ist. Und wenn es einmal schlecht lief, habe ich gehofft und gebetet, dass es wieder besser wird und dass ich das Vertrauen in den Entwurfs- und Malprozess behalte.
Michaela L.: Spontan beten, das mache ich auch und vor allem. Es sind solche Stoßgebete während der Arbeit wie: Gott sei Dank, dass die Behandlung gut verlaufen ist! Oder in privaten Dingen: Lieber Gott, bitte hilf mir! Oder ich denke: Er wird es schon richten, auch wenn ich selbst überhaupt nicht weiß wie! Ich erlebe mein Beten oft wie ein Zwiegespräch, obwohl es nur in den Gedanken stattfindet.
Ewald M.: Ich mache allerdings die Erfahrung, dass die Welten von Glaube und Arbeit eigentlich parallel laufen und sich nur manchmal berühren.
Regina K.: Ich bin mir nicht sicher, ob diese Welten wirklich so getrennt sind. Der Glaube, der sich im Gottesdienst ausdrückt, ist für mich die Basis im Alltag.
Michaela L.: Das sehe ich auch so. Der Glaube hat mich geprägt. Natürlich nicht in dem Sinn, dass er ein Selbstläufer wäre und ich immer das Richtige tue. Darum sollte ich wohl eher sagen, der Glaube hat in mir seine Spuren hinterlassen, die sich auch im Alltag und in der Arbeit auswirken.
Ewald M.: Man kann es natürlich politisch drehen und sagen, dass der europäische Sozialstaat seine Wurzeln auch im Christlichen hat. Insofern überschneiden sich Arbeitswelt und Glaube. Aber besteht die Gefahr nicht darin, dass diese Wurzeln in Vergessenheit geraten?
Regina K.: Mir fällt jedenfalls auf, dass die Kirche heute in positiver Hinsicht nur dann ins Spiel kommt, wenn etwas Schreckliches passiert, wie beim Absturz der Germanwings-Maschine in den Alpen, wo Gedenkgottesdienste gefeiert wurden. Wenn etwas glückt, ist es unsere vermeintlich eigene Leistung, und der liebe Gott bleibt außen vor.
Nochmal zurück ins Private: Wie halten Sie es überhaupt mit dem Beten, auch jenseits des Berufsalltags, in der Familie etwa?
Michaela L.: Ich bete mit meinen Kindern, wenn ich sie abends ins Bett gebracht habe. Und ich hatte das Glück, dass ich auch nach harten Schicksalsschlägen weiter beten konnte. Als mein Mann vor sieben Jahren ums Leben gekommen ist, hat das zu keinem Bruch mit Gott geführt, wofür ich sehr dankbar bin.
Ewald M.: Lange Zeit habe ich überhaupt nicht mehr gebetet. Erst mit der Geburt unserer Tochter bin ich wieder in die Kirche gegangen. Seit einigen Jahren bete ich wieder - wenn es gut läuft und wenn es schlecht läuft.
Regina K.: Wir beten oft mit unseren Kindern vor dem Essen oder abends vor dem Schlafen. Ich bete, wenn ich ungeduldig und nervös werde um Gelassenheit. Wenn ich zu unserem Schöpfer bete, spüre ich, dass ich nicht alles im Griff haben muss, was auch für die Arbeit recht hilfreich sein kann.