Als ich diese Worte zum ersten Mal 1976 auf einem Grabstein in Karl-Marx-Stadt las, dachte ich spontan: Schade! Wenn es nichts außer Arbeit im Leben des hier begrabenen Menschen gab – wie sah dann sein Leben aus?
Inzwischen habe ich allerdings umgekehrt (zu) viele Menschen getroffen, die gerne arbeiten würden und die sowohl die Arbeit als auch die damit verbundene Kommunikation mit ArbeitskollegInnen und die ebenfalls mit Arbeit verbundene Wertschätzung schmerzlich vermissen: Zu jung, zu alt, zu krank, falsch qualifiziert, zu lange – zum Beispiel wegen Baby-Pausen – aus dem Arbeitsprozess heraus, zu teuer, "wegrationalisiert"…
Ein Beispiel: Mir geht noch ein kürzlicher Besuch im neuen Düsseldorfer Gefängnis nach. Hier leben über 800 Gefangene. Durch modernste Technik wurde die Zahl der Bediensteten reduziert. Dies und die Tatsache, dass immer mehr "schlichte Arbeit" in die Länder Ostasiens vergeben wird (wo nicht selten Kinder diese Arbeit übernehmen müssen), haben dazu geführt, dass es für die Gefangenen immer weniger zu arbeiten gibt. Damit fehlen ihnen Tagesstrukturierung, Anerkennung und nicht zuletzt auch die Möglichkeit, sich ein wenig zu verdienen.
Was ist aus dem in unserem Grundgesetz (Art. 12) verbrieften Grundrecht geworden: "Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen."? Wie viele Menschen haben das Glück, dass sie ihre Arbeit erfüllt, und wie viele andere würden lieber heute als morgen etwas ganz anderes machen? Wie viele stehen unter Druck, weil ihr Arbeitsplatz sich permanent verändert, bedroht ist, weil sie Angst haben, das nicht mehr zu schaffen, was von ihnen verlangt wird?
Ich selber arbeite gerne und habe immer gerne gearbeitet. Ich habe das Glück, den Beruf auszuüben, der mich ausfüllt – und das auch noch an einem Ort, an dem ich mich sehr wohl fühle. Das merke ich nicht zuletzt jedes Mal, wenn ich aus meinem Jahresurlaub zurückkomme. Vielleicht gerade deswegen macht mir allerdings zunehmend Sorgen, wie (nicht nur, aber vor allem durch die drastisch sinkenden Zahlen) auch der Priesterberuf sich immer mehr verändert und der Pfarrer sich vom Seelsorger zum Manager entwickelt. Außerdem spüre ich Grenzen: Mein Alter, meine Gesundheit, mein Unvermögen, Menschen in bestimmten Situationen helfen zu können, und so manch andere Grenze mehr.