Stefanie Manderscheid verbringt jede Woche einige Stunden am Besucherempfang in der Severinskirche. Hier erzählt sie von einigen sehr persönlichen Eindrücken während der SEVERINALE.
An einem Mittwoch im August komme ich wie an jedem Mittwoch um 12 Uhr in die Severinskirche, um meinen Dienst beim Besucherservice anzutreten. Es läuft immer gleich ab. Ich komme in den Kirchenraum, bin je nach Stimmung mehr oder weniger überwältigt von der Schönheit des Raumes, von der Präsenz des Kreuzes und vom Lichteinfall, von der Ruhe, die mich sofort packt, vom sanften Blick der Madonna, die schon seit über 700 Jahren die Betrachter mit ihrem entrückten Blick umfängt. Aber alles ist anders an diesem Tag, die Kirche wirkt größer, die Bänke sind weg und die Weite und Stille erscheinen mir mächtiger. Ich werde ganz ehrfürchtig, so wie oft die Touristen, wenn sie die mir so vertraute Kirche zum ersten Mal betreten. Der Raum hat sich geweitet und mein Blick sucht Vertrautes: Die Madonna ist noch da, auch das Kreuz und das Tryptychon von Bartholomäus Bruyn, das ich heute seit langem nochmal intensiv betrachte. Sehr schön ist es und weil die Bänke weg sind, wirkt es umso beeindruckender.
Zwei Tage später wird die SEVERINALE mit der Vernissage der Ausstellung "große frauen" beginnen. Zu sehen sein werden zahlreiche Porträts von Frauen, die etwas bewirkt haben in der Welt, Porträts, die die Malerin Monika Lassleben gekonnt auf Leinwände gebannt hat. Die Gesichter der Frauen werden sich einbrennen auf die Netzhäute der Besucher, viele große Frauen, darunter auch nicht wenige große Frauen aus Sankt Severin.
Aber vorerst ist es still im leeren Raum, die Bänke sind weg, die Luft flimmert, die täglichen Besucher, die hierherkommen, um zu beten, um die Stille zu genießen, um zu trauern oder einfach bei sich zu sein, sie wirken irritiert, aber es scheint, als spürten auch sie, dass etwas in der Luft liegt.
Bald geht es los!
Die Menschen vom Besucherservice werden die Sonntagsmesse mitgestalten. Marianne Ricking wird von heiligen Begegnungen sprechen, die überall und zwischen allen geschehen können, so auch hier, in der Mitte des Kirchenraums. Wir schauen uns an während des Gottesdienstes, feiern den Gottesdienst im Kreis, eine ungewohnte Erfahrung. Für manche fühlt sich das nach einer Begegnung auf Augenhöhe an, andere sind abgelenkt, irritiert. Ich fühle mich wohl. Es ist nicht wie immer, wir verlassen das Gewohnte.
Das gefällt mir, ich werde wacher, aufmerksamer.