Weihnachten als Begegnungsinitiative Gottes
"Immanuel" – so nennt der Evangelist Matthäus den, der da geboren werden soll: Jesus. Und er zeigt mit der mitgelieferten Übersetzung dieses Beinamens zugleich die Programmatik dieses Kindes an: "Gott mit uns" (Matthäusevangelium, 1. Kapitel, Vers 23). Jesu Auftrag lautet, Beziehung zu stiften zwischen Gott und Menschen, Begegnung zwischen Himmel und Erde.
Es ist kein Zufall, dass Matthäus seinen Bericht über das Leben und Wirken Jesu auch mit dieser Programmatik beschließt: "Ich bin bei euch alle Tage bis ans Ende der Welt" (Matthäus 28,20), sagt Jesus kurz vor seiner Himmelfahrt. Ich bin da, auch wenn ihr mich nicht seht und spürt.
In Jesus erneuert sich das Versprechen des israelitischen Gottes: "Ich-bin-der-ich-bin-da" (vgl. Buch Exodus, Kapitel 3, Vers 14). Das ist kein bloßes Abkupfern eines alten, ausgedienten Slogans, sondern das Halten dieses Versprechens, personale Erfüllung. In den vielen Begegnungen Jesu mit Randständigen der Gesellschaft bekommt Gottes Versprechen Hand und Fuß. In Jesus erfahren die Menschen leibhaftig einen Gott, der mitgeht und begleitet, der konfrontiert und herausfordert, der sogar mitleidet, mit aushält, mit stirbt. Ein Gott auf Tuchfühlung.
Dieses Auf-Tuchfühlung-Gehen Gottes verbinden sowohl Matthäus als auch sein Kollege Lukas mit der Weihnachtsgeschichte. Bei beiden wimmeln die Geschichten rund um die Geburt Jesu nur so vor Begegnungen. Im Matthäusevangelium begegnet dreimal ein Engel dem Josef im Traum; die Sterndeuter treffen auf König Herodes und kurze Zeit später auf Jesus und Maria. Im Lukasevangelium begegnet der Engel dem alten Priester Zacharias und kurze Zeit später Maria; eine ganze Schar von Engeln erscheint schließlich einer Gruppe von Hirten auf freiem Felde. Bevor Johannes und Jesus das Licht der Welt erblicken, begegnen sich die beiden schwangeren Mütter, Elisabeth und Maria, und auf diese Weise vorgeburtlich auch Johannes und Jesus. Nach der Geburt Jesu treffen die Hirten auf die Heilige Familie und die Heilige Familie schließlich auf Simeon und Hanna im Tempel. Wo man nur hinsieht: Begegnungen!