Dies hatte auch sehr praktische Folgen. Ein ungetauftes Kind wurde nicht durch den Priester und schon gar nicht in "geweihter" Erde, d.h. auf einem kirchlichen Friedhof begraben. Und es konnte auch nicht das jenseitige Heil erreichen, sondern kam in den so genannten limbus puerorum, die Vorhölle. Darum hatten die Eltern, die für ihr Kind natürlich alles erdenklich Gute tun wollten, ein hohes Interesse daran, es möglichst schnell taufen zu lassen. Bei einem solchen Verständnis der Taufe gerieten der Glaube und das Bekenntnis zu Jesus arg in den Hintergrund.
Nachdem der Papst nun aber die Vorhölle, den Ort, der für die ungetauften Kinder bestimmt gewesen sein soll, "abgeschafft" hat, sieht man das natürlich etwas anders. Die entscheidende Weichenstellung geschah im II. Vatikanischen Konzil (Okt. 1962 bis Dez. 1965): Jeder Mensch, der ehrlich nach seinem Gewissen lebt, wird das ewige Heil erlangen, auch wenn er nicht getauft ist.
Mit diesen Überlegungen über jenseitige Bereiche tun wir uns heute etwas schwer. Darum sind die diesseitigen Zeichen, die mit der Spendung der Taufe verbunden sind, umso ausdrucksstärker und lebendiger.
In der Taufe wird jedem das Kreuzzeichen auf die Stirn gezeichnet und damit gesagt: "Du gehörst nicht dem Staat, nicht deinem Arbeitgeber, nicht der Kirche – sondern allein dem, dem wir das Leben verdanken." Und wir glauben, dass Gott zum Täufling die gleichen Worte spricht, die er zu Jesus gesagt hat, als dieser im Jordan getauft wurde: "Du bist mein geliebter Sohn", oder, so dürfen wir heute hinzufügen: "meine geliebte Tochter".
"Ich liebe dich! Ich will, dass du bist, dass du so bist, wie du bist, mit all deinen Möglichkeiten und all deinen Grenzen."
(Die Bedeutung der anderen Zeichen des Sakramentes werden im Artikel „Wirksame Zeichen“ auf S. 20 erläutert.)
Alle christlichen Kirchen verbindet der Glaube an die eine Taufe. Wer getauft ist, ist getauft. Das kann man nicht rückgängig machen, das kann man nicht wiederholen. Man kann auch nicht, wie so oft gesagt wird, "umtaufen". Wenn jemand aus einer Kirche austritt und in eine andere Kirche eintritt, wird die Taufe nicht wiederholt.
Und so sollten wir – ähnlich wie bei der Frage nach dem halbleeren oder halbvollen Glas Wasser – zuerst mal das Positive, das Gemeinsame aller Christlichen Kirchen sehen, das uns durch die Taufe geschenkt wird: Wir gehören durch die Taufe zu dem pilgernden Gottesvolk, wir gehören Jesus Christus an. Und alle konfessionellen Unterschiede verlieren dann etwas von ihrer Bedeutung. "Ein Herr, ein Glaube, eine Taufe!" (Epheserbrief Kapitel 4, Vers 5)
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Johannes Krautkrämer, Pfarrvikar