Und was haben Sie da wahrgenommen?
Ich habe wahrgenommen, dass hier viel Aufbruch, viel Veränderung, viel Neues ist, das ich mitgestalten darf und kann. Gepaart mit vielem – im positiven Sinne – Altbewährtem. Ich habe sehr bald den Eindruck gewonnen, dass ich hier meine Begabungen – meine Charismen, wie es im kirchlichen Kontext heißt – einbringen kann. Ich darf mich ganz auf die Seelsorge konzentrieren und mit einem starken Gemeindeteam in der Gemeindeleitung zusammen mit unserem leitenden Pfarrer Dr. Meiering zusammenarbeiten. Ich habe aber auch Respekt gespürt vor der langen Tradition, die Johannes Quirl in den 31 Jahren als Pfarrer hier geprägt hat. Hier ist viel Gutes gewachsen.
Wer oder was hat geholfen, hineinzufinden?
Es waren und sind viele Gespräche mit den Mitarbeitenden, mit den Gottesdienstmitfeiernden, mit Ehrenamtlern. Es gibt Rückmeldungen zur Gestaltung der Gottesdienste, der sonntäglichen und der kleineren werktäglichen – alle mit eigener Prägung. Ich versuche, die Traditionen kennenzulernen und in ihrer Bedeutung für das Gemeindeleben wahrzunehmen. Und ich schaue, was zu mir passt und womit ich mich verbinden kann. Ich bin ja für die Spiritualität der Gemeinde hier und nicht nur für meine eigene zuständig. Wenn es da keine gute Schnittmenge gäbe, wäre das ein Problem, aber ich finde, es passt gut. Ich erlebe, dass wir wohlwollend miteinander unterwegs sind.
Gibt es etwas, das Sie überrascht hat?
Überrascht hat mich die große Vielfalt von Themen und Aktivitäten, die in der Gemeinde lebendig sind, das hohe Engagement an vielen Orten, bei vielen Inhalten, in vielen Gruppierungen, damit hatte ich so nicht gerechnet. Besonders überrascht hat mich die große Bandbreite der caritativen Aktivitäten. Neu – wenn auch nicht überraschend – ist für mich natürlich auch die Zusammenarbeit mit dem Gemeindeteam.
Da mache ich sehr positive Erfahrungen, die ganz sicher auch mit den handelnden Personen zusammenhängen. Manche Priesterkollegen waren ein wenig neidisch mit Blick auf meinen Einsatzort hier in Köln, zugleich aber auch ein wenig skeptisch mit Blick auf die ungewohnte und neue Leitungs-Konstruktion. Ich bin dankbar, dass ich hier sehr gute Erfahrungen damit machen kann.
Sie sind Priester hier vor Ort, aber ernannt für Köln-Mitte – leitender Pfarrer ist Dominik Meiering – was bedeutet das konkret für die Präsenz hier?
In der Tat habe ich keine Leitungsfunktion hier – das bedauere ich nicht, aber es ist für manche ungewohnt und unvertraut, da braucht es immer mal wieder Klärungen und Erklärungen und die Botschaft, dass ich hier nicht der Entscheider bin. Da sind wir sicher miteinander noch in einer Findungsphase, die länger dauert als die hundert Tage.
Die Ernennung für Köln-Mitte bedeutet, dass ich auch Gottesdienste in anderen Kirchen halte – es ist für mich eine große Bereicherung, diese besonderen Kirchorte auch kennenzulernen. Manches setzen wir auch auf Ebene von Köln-Mitte um, wie z.B. die im Herbst stattfindende Messdienerwallfahrt nach Rom. Diese Zusammenarbeit mit anderen Kirchenorten in Köln erlebe ich als absolute Bereicherung. Schwerpunkt meines Einsatzes aber ist und bleibt St. Severin mit seinen Kirchorten. Das finde ich sehr wichtig
Und der Blick in die nahe Zukunft?
Ich mache mir immer ein Jahresthema – mein diesjähriges ist, "St. Severin" – Kirche und Heiliger – in zahlreichen Facetten kennenzulernen. Dem sehe ich mit Spannung entgegen und habe auch schon begonnen, mich außer in persönlichen Gesprächen auch in der vielfältigen Literatur kundig zu machen. Toll, dass wir dafür Fachleute vor Ort haben.