Dorit L. - Lehrerin an einem Gymnasium - macht eine ungewöhnliche Erfahrung
Projekttag "Flüchtlinge" an meiner Schule. Ein junger Syrer Mitte 20 kommt in meinen Ober- stufenkurs, um uns von seiner Flucht zu erzählen. Wir haben für unseren Gast alles vorbereitet: Kaffee und Kuchen, sogar eine arabische Gebäckspezialität, die ein Schüler mitgebracht hat, dessen Eltern aus Palästina kommen.
Ich begrüße unseren Gast und lade alle ein, sich zu bedienen. Während der junge Syrer von seiner Flucht erzählt, sagt der Schüler, der das arabische Gebäck mitgebracht hat, leise zu mir: "Sie müssen unserem Gast etwas zu essen und zu trinken anbieten!" Stimmt, er hat sich eben nur eine Tasse Kaffee genommen. Also biete ich ihm etwas zu essen an; er bedankt sich höflich, er habe schon gegessen und wolle nur etwas trinken.
Er berichtet von seiner Odyssee durch den Nahen Osten und Nordafrika, der Überfahrt über das Mittelmeer. Die Schülerinnen und Schüler wollen alles genau wissen. Unser Gast gibt bereitwillig Auskunft. Erneut höre ich neben mir: "Sie müssen unserem Gast etwas zu essen und zu trinken anbieten!" Ich bin irritiert: Nochmal? Ich will ihm doch nichts aufdrängen. Verunsichert schaue ich den Schüler an. Er nickt er mir ermunternd zu. Ich biete unserem Gast also noch einmal etwas zu essen und zu trinken an. Wieder lehnt er dankend ab, nimmt sich nur etwas Kaffee.