Dabei bilden die Flüchtlingskinder keineswegs eine homogene Gruppe. Sie sind einander wegen verschiedener kultureller Zugehörigkeit häufig eher fremd als vertraut und haben einen sehr unterschiedlichen Bildungshintergrund. Allen gemeinsam sind mehr oder weniger fehlende Deutschkenntnisse. Manche haben in ihrem Leben schon vielfältige Diskriminierung erfahren und sind dadurch geprägt. Andere haben bei ihrer Flucht Todesgefahren erlebt, viele sind traumatisiert. Nicht selten leben Familienangehörige noch in den Krisen-gebieten. In den Unterkünften leben sie sehr beengt und haben kaum Rückzugsorte. "Es ist uns wichtig, ihnen einen Ort anzubieten, wo sie einfach Kinder oder Jugendliche sein dürfen", betont Jonas Bücker, der als Deeskalationstrainer arbeitet. "Hier müssen sie nichts lernen, hier werden sie nicht bewertet. Sie dürfen laut sein, können sich austesten und an ihre Grenzen gehen." Die angebotenen Sport- und Musikangebote laden dazu in besonderer Weise ein. Sie funktionieren auch ohne Worte.
Überraschend ist gelegentlich, welche Gemeinsamkeiten es trotz der Verschiedenheit und Fremdheit gibt. Da hat ein syrischer Jugendlicher viel gemeinsam mit einem türkischen, ein italienischer mit einem aus dem Kosovo. Hier können die Pädagogen ansetzen, indem sie die Stammbesucher - oft selbst "Integrationsexperten" - in eine aktive Rolle bringen, sie ermutigen, den "Neuen" Ratschläge zu geben, wie sie die anfängliche Fremdheit überwinden können.
Für die Pädagogen sind das zusätzliche Herausfor-derungen. "Manchmal fühlt man sich ausgelaugt", gesteht Markus Heuel. Die große Fluktuation (viele Kinder und Jugendliche kommen aus Einrichtungen, in denen sie nur kuzzeitig leben) ist nicht vereinbar mit dem Anspruch, Beziehungs- arbeit zu leisten. Wenn Kinder sich nach Schwierigkeiten endlich eingelebt haben, ange- kommen zu sein scheinen und dann plötzlich nicht mehr auftauchen, weil sie vermutlich mit ihrern Eltern abgeschoben worden sind, dann ist das frustrierend für die Pädagogen. Dennoch erleben sie ihre Arbeit als sinnstiftend. Und sie fühlen sich bereichert, wenn sie fremde Kulturen kennenlernen. "Wir wollen ja oft eher Werte und Kulturen vermitteln als andere kennnenzulernen", stellt Markus Heuel fest. "Wenn das Vertrauen wächst, wenn einem zum Beispiel Familiengeschichten anvertraut werden, dann ist das eine wunderbare Bestätigung."
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Claudia Pabich