Im Evangelium geht es darum, dass die Menschen "das Leben haben und es in
Fülle haben" (Johannes Kapitel 10, Vers 10). Dabei denkt man sicher zu Recht an all den freudigen Reichtum des Lebens.
Das Johannesevangelium macht aber in seinem Verlauf deutlich, dass damit das ganze Leben mit seinen Höhen und Dunkelseiten gemeint ist. Wer lebt, ist eingebunden in das große "Stirb und Werde". Wer lebt, der kennt nicht nur die freudige Begrüßung, sondern auch den Abschied und die Traurigkeit.
Sich so auf das Leben einlassen, wirklich in Beziehung zu sein mit Gott, den Menschen, der Welt – das ist gar nicht so einfach. So lange wir an unseren Lebensumständen
"kleben", mangelt es uns an der inneren
Freiheit, in der Beziehung entstehen kann. Diese innere Freiheit wird uns erst näher- kommen, wenn wir uns darin üben, innerlich das loszulassen, was wir festhalten wollen, und anzunehmen, was uns im Leben entgegenkommt. Was heißt das heute?
Eine der größten Herausforderungen unserer Zeit liegt wohl darin, mit der Vielzahl an Lebensmöglichkeiten umzugehen, die vielen von uns offen stehen. Was einerseits Chance ist, kann zur Quelle von Unzufriedenheit werden, wenn wir ständig im Status von "ich könnte ja auch ..." oder "vielleicht sollte ich doch besser ..." leben. Auch hier hilft es loszulassen. Auch das ist das Leben, dass wir nur einen Weg gehen und nicht alle möglichen Wege auf einmal.
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Benedikt Kremp, Pastoralreferent