Gegen die Einsamkeit

Psychisch erkrankte Frauen und Männer, Kinder und Jugendliche, die wenig familiäre Unterstützung erfahren, wohnungslose Männer – für alle ist der Sonntag ein besonders schwieriger Tag. Drei Einrichtungen in der Pfarrei, in denen es um diese Menschen geht, hat die Pfarrbriefredaktion aufgesucht. Die dort tätigen Fachleute schildern ihre Eindrücke:

GOT Elsaßstraße

Jeden Sonntag geöffnet – davon träumen Sabine Fuchs-Bongart (41) und Markus Heuel (41), die verantwortlichen Pädagogen in der GOT (= Ganz Offene Tür) in der Elsaßstraße. Tatsächlich kann das Kinder- und Jugend­zentrum nur einmal im Monat am Sonntagnachmittag für vier Stunden öffnen und Freizeitangebote für Kinder und Jugendliche machen. Viele nutzen das: 30 bis 40 Mädchen und Jungen kommen, z.B. um Fußball, Basketball oder Gesellschaftsspiele zu spielen, zu kochen, zu chatten oder um sich einfach nur zu unterhalten.

"Der Sonntag ist für die Kinder meist eine ganz schwierige Zeit", sagt Markus Heuel. Auch da, wo es in der Familie noch üblich ist, sonntags gemeinsam etwas zu unternehmen, klinken sich nach den Erfahrungen der Fachleute die Elf- bis Zwölfjährigen schon aus und wissen dann nichts mit sich anzufangen. Erst recht schwierig ist es für Jugendliche, die solche familiäre Eingebundenheit nicht kennen.

"Der Bedarf für eine Öffnung an jedem Sonntag ist da", meinen die Pädagogen. Aber die finanziellen und personellen Kapazitäten reichen bei weitem nicht aus. Und wie geht es den Mitarbeitern selbst mit dem sonntäglichen Einsatz? "Wir wechseln uns ab, damit die sonntägliche Ruhe im Privaten nicht zu kurz kommt."

 

Jugendzentrum Elsaßsstraße GOT (c) privat

Johanneshaus, Annostraße

"Wir sind immer da, 24 Stunden am Tag und 365 Tage im Jahr" – das ist die erste Aussage von Gert Nisius zur Frage nach dem Sonntag im Johanneshaus in der Annostraße. Fast 16 Jahre arbeitet der 44jährige Diplom-Sozialpädagoge in der Einrichtung, in der es nicht nur eine Notschlafstelle, sondern verschiedene Wohnformen gibt – je nach Hilfebedarf der dort lebenden Menschen. Nach seiner Erfahrung ist der Sonntag eine Extremsituation, besonders der Nachmittag sei der ödeste Teil der Woche, finden zumindest viele Bewohner, die dann noch mehr "durchhängen"als ohnehin manchmal in der Woche. Viele von ihnen haben massive Verlusterlebnisse erlitten, familiäre und soziale Bezüge sind weggebrochen. Das rückt an Sonntagen und erst recht an Feiertagen besonders schmerzlich ins Bewusstsein.

Gert Nisius zitiert einen Bewohner, der den Alkohol "drangegeben hat". Den Sonntag fand er besonders stressig, weil es dann schwieriger war, an Alkohol zu kommen. Ein besonderes Programm gibt es am Sonntag nicht, viel wichtiger sei es, so Gert Nisius, einfach da zu sein, ein offenes Ohr zu haben, mal Skat miteinander zu spielen.

Manchmal ist der Sonntag auch stressig für die Mitarbeiter, weil sie dann mit belastenden Situationen ganz allein fertig werden müssen.

Als besonderen Tag empfindet Gert Nisius den Sonntag auch für sich selbst. "Wenn ich mit dem Fahrrad aus dem Rechtsrheinischen schon vor sieben Uhr am Morgen durch die fast menschenleere Stadt fahre, dann fühle ich mich frei und wohl." Dennoch ist dem Familienvater wichtig, Sonntage mit Frau und Kindern zu verbringen. Ein Abwechseln im Dienst unter den Kollegen ist selbstverständlich, damit alle zumindest gelegentlich sonntags arbeitsfrei haben.

Sozialpsychiatrisches Zentrum, Loreleystraße

Einen Sonntagstreff von 14 bis 16 Uhr gibt es schon seit vielen Jahren regelmäßig im Sozialpsychiatrischen Zentrum (SPZ) in der Loreleystraße. In der Regel nutzen acht bis zehn psychisch erkrankte Menschen dieses Angebot zum gemeinsamen Spazierengehen und anschließenden Kaffee-Trinken. "Es sind Menschen, die wenig Kontakte haben und denen es schwer fällt, einen freien Tag zu gestalten", sagt Robert Schlappal. Der 40jährige Diplom-Sozialpädagoge und Leiter der Einrichtung ist stolz auf dieses schon seit vielen Jahren bestehende Angebot, das nicht in allen SPZs der Stadt existiert. Und er freut sich darüber, dass ausschließlich Ehren­amtliche – z.Zt. sechs Personen zwischen 20 und 40 Jahren – diesen Treff eigenständig gestalten. Sie setzen im Monat zwischen drei und sechs Stunden ihrer Freizeit ein. Geschult und begleitet werden sie von hauptamtlichen Mitarbeitern der Einrichtung. Kontakt­freudigkeit und eine allgemeine soziale Kompetenz bringen sie ebenso mit wie Freude am Engagement für psychisch erkrankte Menschen. "Sie haben selbst viel davon", sagt Robert Schlappal, "und das ist gut so, das spüren auch die Menschen, für die sie da sind."