Alleinsein am Sonntag ist besonders schwer...
dann vermisst Anneliese T. ihren Mann, der vor sechs Jahren verstorben ist, ganz besonders. Die Woche bewältigt die 75jährige Witwe gut. „Ich bin aktiv, gehe zum Sport, pflege Kontakte, halte Haus und Garten in Ordnung, bin noch jeden Tag mit dem Auto unterwegs, auch in die Stadt, obwohl es mit der Straßenbahn bequemer wäre. Ich will mir aber weiterhin etwas abverlangen und möglichst lange unabhängig bleiben.“
Anneliese Ts. Mann war an Alzheimer erkrankt, sie hat ihn viele Jahre gepflegt. Nach seinem Tod fehlte ihr zunächst die Kraft zum Weiterleben. Ihre Tochter hat gespürt, dass sie manchmal gern mehr als eine Schlaftablette genommen hätte, und sie hat arrangiert, dass Nachbarn ihr jeden Abend eine Tablette im Umschlag in den Briefkasten warfen. Die Trauer um ihren Mann ist immer noch da, aber sie hat sich verändert. "Zum Friedhof gehe ich jetzt noch jeden zweiten Tag, früher zweimal am Tag." Auch wenn Sohn, Tochter und Enkelkinder sonntags oft anrufen, spürt Anneliese T. am Sonntag eine große Einsamkeit.
Sie geht sonntags um 11 Uhr zur Messe, danach in ein Fitnessstudio. „Wenn ich dann nach Hause komme, ist der Tag schon halb vorbei.“ Sie löst Sudokus oder liest ein Buch. "Auf keinen Fall will ich nachmittags schon fernsehen." Deshalb backt sie fast jeden Sonntag, probiert immer wieder Neues aus. "Das Klappern mit den Backblechen füllt wohl irgendwie die Stille im Haus", sagt sie lächelnd. Einmal in der Woche bringt sie das Gebäck dann zu Tochter, Schwiegersohn und Enkelkindern. Und am Sonntagabend trifft sie sich regelmäßig mit zwei befreundeten Frauen, die auch alleine sind. "Dann lassen wir den Sonntag gemeinsam in einem gemütlichen Restaurant ausklingen."