Hier ist ein Gerichtssaal für Hochsicherheitsprozesse neu gebaut worden. Der Saal hat am Ende ein großes Fenster, das aber nicht nach draußen führt, sondern lediglich auf einen Lichthof. Das heißt, vom Richtertisch aus guckt man durch die Glaswand auf eine nackte Betonwand. Diesen Bereich habe ich gestaltet.
Hier ergab sich die Möglichkeit, mehrschichtig zu arbeiten und die Ebenen räumlich zu trennen. Über die Betonwand laufen bunte, geschwungene Linien. Die Glasflächen zum Saal hin sind mit einer weißen, durchscheinenden Folie über-zogen, in die ihrerseits geschwungene Linien geschnitten sind, durch die man das Muster auf der Betonwand klar erkennen kann. Die Idee dahinter war Platons Höhlengleichnis. Das Leben ist bunt, das wird durch die verschiedenen Farben und Stärken der Linien ausgedrückt. Aber die Wahrheit scheint häufig zunächst verschleiert. Doch je näher man herangeht, je mehr man sich selber bewegt, desto freier wird der Durchblick auf das Ganze. Mir ist es wichtig, so zu gestalten, dass ein Raum umgedeutet und neu definiert werden kann. Kunst kann die Wahrnehmung von Räumen verändern.
Wählst Du die Symbole, die Du verwendest, vorab?
Nein. Ein Kunstwerk entwickelt sich, ich schöpfe und wähle aus der reichen Symbolpalette aus und irgendwann stellt sich das Gefühl ein, "so ist es gut", "dieser Entwurf ist stark" oder "das ist in sich stimmig."
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Das Gespräch führte Inga Rapp