Cornel Wachter (59) ist Maler und Bildhauer. Er ist ein echtes Kind des Severinsviertels und hat seine Familie immer als Quelle der Ermutigung erlebt. Mit ihm sprach Alfred Gehrmann.
Was ist für Sie das Gegenteil von Mut?
Vielleicht die Verzweiflung, wenn ich nicht glaube, dass mein Handeln zu einer Veränderung oder zu dem Erfolg führt, den ich mir wünsche. Nicht jeder kann Mut entwickeln. Einen Geistlichen, der den Segen über ein gleichgeschlechtliches Paar spricht, halte ich für enorm mutig. Ich weiß aber genau, dass vielen in der evangelischen Kirche, und in unserer katholischen Kirche sowieso, solch ein Handeln gar nicht möglich ist. Dieser Mut oder diese Bereitschaft zum Mut steht bei vielen gar nicht auf dem Zettel.
Jemand wie Kardinal Galen hatte natürlich einen enormen Mut, als er 1941 gegen die Nationalsozialisten predigte, aber er hatte auch die Voraussetzungen dazu, und viele andere hatten das eben nicht. Daher kann ich auch keinem einen Vorwurf machen, wenn er sich sukzessive in so einen Irrsinn wie den Nationalsozialismus hineinbewegt hat. Keiner ist morgens aufgestanden und war Massenmörder oder Nazi, aber er ist so nach und nach dazu geworden.
Wichtig sind dann aber auch in unserer Zeit wieder Menschen, die den Mut haben zu sagen: Das will ich nicht, ich trete jungen Leuten, die in ihrer Rap-Musik aus Unachtsamkeit und aus Marketinggründen einen Unsinn verzapfen, entgegen und sage: Kinders, das ist nicht gut, was Ihr da macht! Hey Kollegah, hey Farid Bang, das geht nicht! Und dann sagen diese beiden Typen: Hey, das wollen wir uns mal genauer angucken. Und das endet dann – oder besser, das beginnt dann, wenn die in ein KZ fahren und sich da quasi beraten lassen.
Aber diese Möglichkeit zu wirkungsvollem Protest ist nicht jedem gegeben. Wer weiß, dass es eigentlich besser wäre, den Mund aufzumachen, aber Angst hat, er könnte wie andere Prominente auf der Todesliste von Neonazis landen, so jemand kann dann durchaus Mutlosigkeit empfinden.
Haben Sie Situationen der Mutlosigkeit erlebt?