Böhm: Das sehe ich nicht so. Bei St. Theodor haben wir zwar versucht, einen Raum zu schaffen, der einen empfängt und umarmt und der mit seiner runden Form Ruhe und Geborgenheit vor der Außenwelt bietet, vor der Hektik der Stadt; gleichzeitig soll diese Umarmung bietende Form nicht abweisen. Das Bedürfnis nach Konzentration und Transzendenz darf nicht dazu führen, dass die Umwelt ausgegrenzt wird. Zur Offenheit von St. Theodor gehört die große Geste des Tores, das in Glas gefasst ist, oder das große Westfenster, das vom Boden hoch bis zur Decke strebt samt einer Bemalung mit Bibeltexten, die aber nicht von innen, sondern nur von außen zu lesen sind. Auch bei der Moschee wollten wir etwas Bergendes schaffen und zugleich Offenheit demonstrieren.
Schmitz: Das heißt, ein Sakralbau braucht beides, die Abschottung vom Lärm und das offene Ohr für die Gegenwart. Innen- und Außenraum müssen eine Schnittmenge bilden, Innen und Außen müssen kommunizieren.
Böhm: Einerseits ja, andererseits hat sich die Architektur von Sakralbauten in den vergangenen Jahrzehnten auf eine Weise der Alltagswelt geöffnet, dass diese ihre Spiritualität verloren haben. Als besondere Orte sind sie gar nicht mehr zu erkennen. Sie sind Gebrauchsräume oder Mehrzweckhallen geworden. Ich habe immer versucht, mich davon zu lösen und deutlich Stellung zu beziehen. Natürlich spiegeln sich in dieser Entwicklung auch Kirchen- und Glaubensflucht wieder und der Verlust des Bedürfnisses, sich mit Transzendenz auseinanderzusetzen. Ich denke, wenn die Glaubensgemeinschaften überleben wollen, müssen sie klarer in ihrer Außendarstellung sein.