"Denn wer sich Allianz-versichert, der ist voll und ganz gesichert …" Vielleicht erinnern Sie noch diesen Werbeslogan, liebe Leserin, lieber Leser. Und die damit verbundenen Geschichten, die uns so manches pecherfüllte Leben direkt ins Wohnzimmer brachten: den Nachbarschaftsstreit um einen Kirschbaum, den Ausrutscher auf einer Bananenschale oder den Autofahrer, der achtlos in einen Tomatenstapel hineinrast. Die Botschaft an alle Unglücks-Raben dieser Welt war klar: Wer einen verlässlichen Partner an seiner Seite hat, der trotzt allen Risiken und darf sich sicher wissen.
Sich sicher fühlen und allen Risiken erhaben sein, das wünschen sich Menschen seit jeher. Und jeden noch so kleinen Verdacht, womöglich doch nicht sicher zu sein, beschwichtigen wir gern mit einem: "Et hätt noch immer jot jejange!" Gut gegangen sind aus der Rückschau betrachtet viele Begebenheiten, die uns die Bibel überliefert, obwohl sich deren Protagonisten anfangs alles andere als sicher waren, da jemals wieder heil rauszukommen.
Noah beispielsweise wird in seiner Arche auf eine Odyssee durch die Fluten der Sintflut geschickt (vgl. Buch Genesis, Kapitel 6 bis 9). Abraham muss von jetzt auf gleich seine Heimat verlassen und in eine ungewisse Zukunft ziehen (vgl. Buch Genesis, Kapitel 12). Josua soll in die Fußstapfen Mose treten, die ihm viel zu groß erscheinen (vgl. Buch Josua, Kapitel 1). Und der kleine David lässt sich auf einen Kampf ein, der mächtig hätte ins Auge gehen können (vgl. 1. Samuelbuch, Kapitel 17).
Auch Jesus gibt sich risikofreudig. Er tritt offensiv für die Sache seines Vaters ein und wird dafür mundtot gemacht. Seine Jünger schickt er auf Mission und weist sie an, weder Proviant noch Geld, nicht einmal Wechselklamotten mitzunehmen (vgl. Lukasevangelium, Kapitel 9). Den Leuten schärft er sogar ein: "Sorgt euch nicht um morgen; denn der morgige Tag wird für sich selbst sorgen" (Matthäusevangelium, Kapitel 6). Na, wer da noch keine Sorgen hat, hat sie spätestens jetzt!
Man kann die Bibel als groß angelegte Werbekampagne lesen, die für "das" feste Bündnis mit dem Glück schlechthin werben möchte: für unser Vertrauen in Gott, das wir Glauben nennen. Dieser Glaube lässt nicht nur genannte Männer in eine ungewisse Zukunft gehen, sondern auch Frauen wie Rebekka, Ruth, Judith oder Maria. Auch sie lassen sich von Gott auf Wege schicken, die sie nicht kennen. Auch sie sind dafür bereit, vermeintliche Sicherheiten aufzugeben.
Sich dies zu trauen, fällt nicht leicht. Ohne eine Police in der Tasche zu haben, die mir schwarz auf weiß versichert, dass dieser Glaube wirklich trägt und nicht vielmehr trügt, scheint riskant, gar naiv zu sein. Der bösartige Tumor im Kopf eines einjährigen Jungen. Die Mutter, die während ihrer Schwangerschaft ihre Zwillinge verliert. Einsatzkräfte, die mit Benzin übergossen und angezündet werden. Tagtägliche Unfälle, Katastrophen, Krankheiten, Tod: All das sind gute Gründe, Gott besser nicht Glauben zu schenken. Trotzdem wagen auch heute Menschen den Sprung ins kalte Wasser und setzen große Hoffnungen in Gott. Und genau dieses TROTZDEM macht unseren Glauben aus.
So glaubt denn auch Petrus trotz besseren Wissens, übers Wasser gehen zu können. Von Jesus wird er aus dem sicheren Boot heraus auf den See gerufen. Jedes Kind weiß, dass das in die Hose gehen muss, doch sein Vertrauen in Gott lässt Petrus diesen Schritt wagen. Und tatsächlich: Das Wasser trägt, zumindest so lange, wie Petrus auf Jesus baut. Als er es mit der Angst zu tun bekommt, sinkt er ein und droht unterzugehen. Doch Jesus ist rettend zur Stelle und hält ihn sicher über dem Wasser (vgl. Matthäusevangelium, Kapitel 14).
Gott wider aller Zweifel zu vertrauen, gehört wohl zu den größten Zu-MUT-ungen unseres Glaubens. All unsere Hoffnungen in Gott zu setzen, bewahrt nicht davor, vom Leben ins kalte Wasser geschubst zu werden. Aber darauf vertrauen zu dürfen, dass dann jemand mit mir in der Suppe schwimmt und mich hält, wenn ich unterzugehen drohe, gibt mir Mut und Sicherheit – ist mir eine Allianz fürs Leben.
Hoffentlich GOTT-ver-SICHER-t!
Pfarrer Dominik Schultheis