Sicher atmen ist für gesunde Menschen selbstverständlich – nicht so bei den Bewohnerinnen und Bewohnern der Beatmungspflege St. Severinus*. Marianne Ricking war mehrere Jahre in dieser Einrichtung ehrenamtlich tätig als Bewohnersprecherin, als Seelsorgerin und Trauerbegleiterin. Sie hat sich mit Birgit W. – sozialpädagogische Fachkraft und Bezugsperson für die Bewohnerinnen und Bewohner – ausgetauscht über die Bedeutung von Sicherheit in der Beatmungspflege und berichtet von ihrer und der eigenen Erfahrung.
Der prägende Eindruck an meinem ersten Tag in der Beatmungspflege war ein bedrückender: Aus jedem Zimmer kamen mir hörbar und sichtbar die Signale der Beatmungsgeräte entgegen. Ja, hier geht es um Sicherheit, spürte ich deutlich. Nicht um eine Sicherheit, wie wir sie im Alltag gewohnt sind. Hier geht es um LEBEN und TOD. Atem ist Leben. Mit der sicheren Beatmung wird das Leben geschenkt. Leben, das bedeutet Sauerstoff durch die Trachealkanüle, die für alle Menschen hier überlebensnötig ist. Die äußere Sicherheit schafft Voraussetzungen für die innere Lebenssicherheit.
Birgit W. betont, wie wichtig es ist, vom ersten Tag an Vertrauen aufzubauen. Es geht um das Vertrauen, dass diese Sicherheit des Atmens gewährleistet ist. Für alle Fachkräfte in der Einrichtung ist das ein zentrales Anliegen. Wernicke weiß darum, dass Bewohnerinnen und Bewohner zuvor viele Grenzsituationen erlebt haben, in denen gerade diese Sicherheit verlorengegangen ist. Genau das habe auch ich in meinen unterschiedlichen Kontakten mit den Frauen und Männern dort erfahren.
Vertrauen entsteht aber auch auf einer anderen Ebene – in der liebevollen Fürsorge, im aufmerksamen Kontakt, im Schaffen einer wohnlichen und freundlichen Atmosphäre. Und mit dem Vertrauen wächst die Sicherheit, sich verlassen zu können, nicht verlassen zu werden.
Eine persönliche Erfahrung mag gerade das verdeutlichen: Ich erinnere mich besonders intensiv an eine Bewohnerin, die im Wachkoma lag und von der ich zunächst nicht wusste, ob sie mich wahrnahm. Wann immer ich sie besuchte, habe ich sie mit den immer gleichen Ritualen und denselben Worten begrüßt und auch verabschiedet Es gab keine erkennbare Resonanz von ihrer Seite, aber das war unsere Art der "Unterhaltung" miteinander. Wie sehr in dieser Zeit Sicherheit und Vertrauen gewachsen sind, zeigte mir schließlich eine Begegnung: Auf die Frage, wie es ihr gehe, bekam ich eine sichtbare Reaktion, die mich sehr anrührte – sie weinte.