An einem schönen Sonntagnachmittag unternehme ich eine Radtour nach Schwarzrheindorf mit seiner immer wieder beeindruckenden romanischen Doppelkirche. Unterwegs zwischen Libur und Sieglar verlocken an einem Feldrand dicke Brombeeren zum Naschen. "Guten Appetit" wünscht mir ein älterer Herr, der gerade vorbeikommt. Ich bedanke mich und wir kommen ins Gespräch. Er geht seine Tochter im Nachbarort besuchen und betont, wie wichtig es doch sei sich zu bewegen, um nicht eines Tages hinfällig zu werden. "Sie sind doch sicher Christ," meint er, was ich bejahe. "Und ich bin Muslim. – Wer Muslim ist, soll Muslim bleiben, wer Christ ist, soll Christ bleiben und wer Jude ist, soll Jude bleiben." Dann spricht er von der großen Bedeutung die Jesus und Maria auch im Islam haben und wie wichtig es doch sei, gute Werke zu tun. Ich stimme mit der Bemerkung zu, dass man keine Angst haben soll zuviel Gutes zu tun, weil Gott es segnen werde, wenn es ihm gefällt und erwähne als Beispiel für interreligiösen Dialog den heiligen Charles de Foucauld, der, beeindruckt durch die regelmäßigen Gebete der Muslime in Marokko und Algerien, wieder zum Glauben zurückfand. Bevor wir uns verabschieden bedenkt mich der freundliche Herr mit einem muslimischen Segensgebet in einem feierlichen Singsang. Tief bewegt von so viel Offenheit und frohem Glauben setze ich meine Tour fort und denke, dass wohl mancher Muslim oder manche Muslima "christlicher" lebt als so einige Christen.
Martin von Bongardt