Kleine Begebenheiten

Omnibus Linie 132: Chlodwigplatz – Breslauerplatz/Hbf. Ich sitze früh am Morgen mit meinem Koffer im Bus, man hat mir freundlicherweise einen Sitzplatz angeboten – wie so oft war es ein junger Mann mit fremdländischem Aussehen. 

Mir gegenüber zückt ein älterer, ebenso fremdländisch aussehender Mann ein knallrotes Handy und beginnt ein lautstarkes Telefongespräch in einer mir fremden Sprache – zugleich ist die Gesprächspartnerin am anderen Ende ebenso lautstark zu hören. Aufatmend stelle ich fest, dass das Gespräch nach einer Weile endet, aber….er schaut auf sein Handgelenk, da hat er eine Nummer auf den Arm geschrieben, sie wird gewählt, und schon geht es neuerlich los. Immerhin habe ich noch einige Busstationen vor mir. Mangels sprachlicher Verständigungsmöglichkeit erwäge ich, demonstrativ den Finger auf den Mund zu legen oder – das wäre sicher weniger freundlich, mir sichtbar die Ohren zuzuhalten. Muss ich das Telefonieren tolerieren? Bin ich intolerant und vor allem ausländerfeindlich, wenn ich zeige, dass es mich stört? Entsteht vielleicht dann im Bus eine von mir gar nicht gewollte Solidarisierung mit mir und Ablehnung des Mannes? Ein weiteres Telefonat beginnt, diesmal ohne dass ich die Person am anderen Ende verstehen kann – immerhin ein Fortschritt.

Ich habe nichts gesagt oder gezeigt und bin nachdenklich am Bahnhof aus dem Bus gestiegen. Im Zug habe ich ein Ruheabteil gebucht – so wie die junge Mutter mit Kind und Handy. Vielleicht muss ich über die Anschaffung von Kopfhörern mit "noise cancelling" nachdenken.

Ingrid R.

Ein kleines, feines Restaurant im Sommer. Eine ausnehmend gut aussehende und sehr freundliche junge Frau bedient. Ihr Arme sind über und über bedeckt mit bunten Tätowierungen – Blumen in geschmackvollen Formen und Farben. Ich tue mich generell sehr schwer mit Tätowierungen und versuche mein Unverständnis und meine Toleranzschwäche an dieser Stelle gelegentlich damit zu überwinden, indem ich danach frage, welche Bedeutung die jeweiligen Darstellungen für den  Menschen haben.

Hier im Restaurant bin ich spontan so beeindruckt von der Schönheit der Blumen-Tätowierungen, dass ich es ausspreche. Die Antwort: "Sie glauben nicht wie gut mir das tut – vorige Woche wollte ein Herr nicht von mir bedient werden, weil ich tätowiert bin."

Margarete B.

Toleranz ist wichtig im Zusammenleben, Toleranz mit unserem Umfeld und mit uns selbst. Sie ist notwendig in vielen Alltagssituationen. 
So habe ich geschwiegen, als eine junge Mutter ohne Reaktion auf ihr verzweifelt schreiendes Baby ungerührt weiter telefonierte. Ich habe wahrscheinlich nicht sehr freundlich geschaut, als in einer recht vollen Straßenbahn viele Rucksäcke den Vorzug eines Sitzplatzes hatten. War das aber wirkliche Toleranz? 

Still oder geduldig aber bin ich ganz bestimmt nicht, wenn ich mal wieder mit einem der kleinen Senftütchen kämpfe, dessen Inhalt sich nach Gewaltöffnung auf meiner Kleidung befindet oder wenn die für die Ewigkeit angebrachten Preisschilder auf dem neuen Porzellan sich nicht ablösen lassen. Dann bin ich weit entfernt vom kölschen: „Et es wie et es”. Vielleicht ist das die alltagstauglichste Toleranz …

Heide H.