Gestaltet sich das alles problemlos?
Wenn wir sehen, dass jemand befangen oder ratlos ist, wie er seine Besuche hier gestalten soll, beraten wir ihn und liefern ihm Ideen. Manche Angehörige beobachten auch, wie ihre Eltern sich im Alter verändern. Ein Sohn stellt zum Beispiel verwundert und zugleich erfreut fest, dass sein immer sehr reservierter Vater weicher geworden ist und nach seiner Hand greift.
Angehörige erleben natürlich auch Veränderungen, die sie traurig stimmen. Wenn der Mensch in seinem Personsein immer weniger sichtbar wird, dann ist dies ein oftmals schwerer Abschiedsprozess. Auch diesen wollen wir begleiten. Zum Beispiel mit einem monatlich stattfindenden „Café Sehnsucht“ - offen für Bewohnerinnen und Bewohner und Angehörige. Wir schaffen einen gemütlichen Rahmen, in dem alle Arten von Abschied, Hoffnungen und Wünschen thematisiert werden können.
Und wenn die Kinder nicht kommen?
Dann können wir sie nur darüber informieren, dass ihr Besuch gewünscht ist. Wenn jemand wenig oder gar keinen Besuch hat, fangen das unsere Betreuungsfachkräfte und -assistenten auf. Deshalb versuchen wir immer im Blick zu haben, wer wie oft Besuch hat. Es gibt ja auch Bewohner, die gar keine Angehörigen haben. Es gelingt uns, auch für diese Bewohner immer wieder schöne Erlebnisse zu organisieren.
In erster Linie geht es uns hier im Haus darum, den Alltag der Menschen, die hier leben, gut zu gestalten. In unseren Gemeinschaftsräumen essen die Bewohner zusammen, decken gemeinsam den Tisch, räumen die Spülmaschine ein und aus, nehmen Anteil an tagespolitischen Ereignissen. Feste werden gemeinsam begangen, aber auch Ruhe und Rückzug sind jederzeit möglich. Wir bieten auch Servicewohnen an für Menschen, die noch sehr selbstständig sind und nur einzelne Leistungen des Hauses in Anspruch nehmen wie zum Beispiel das Restaurant.
Haben Sie manchmal den Eindruck, dass Angehörige ihre Verantwortung bei Ihnen abgeben?
Das kommt durchaus auch vor. Ein Beispiel dazu: Wir sind hier keine gesicherte Einrichtung. Auch wenn unsere Pforte fast immer besetzt ist, gelangt jeder, der es will, auch hinaus. Darüber informieren wir auch die Angehörigen. Einmal traf ein Passant hier im Viertel auf eine demente Bewohnerin. Sie war für die Wetterlage zu leicht bekleidet und orientierungslos. Er brachte sie ins Krankenhaus. Als die Angehörigen davon erfuhren, waren sie außer sich und machten uns verantwortlich.
Gibt es auch Angehörige, die sich ehrenamtlich im Haus engagieren?
Wir erleben viele Angehörige, die Verantwortung übernehmen, etwa in unserem Nacht-Café. Hier treffen sich zwischen 19.00 und 24.00 Uhr Bewohner, die unruhig sind und nicht früh schlafen können. Daneben gibt es andere Formen ehrenamtlichen Engagements. Manche lassen ihr Amt eine Weile ruhen, wenn ein Bewohner verstorben ist, nehmen es dann aber nach ein paar Monaten wieder auf. Wir sind sehr dankbar für diese Unterstützung.