Der Tod eines geliebten Menschen ist wohl der größte Verlust, der einem Menschen widerfahren kann. Welche Erfahrungen macht ein Bestatter in der Begegnung mit Menschen, die akut mit einem solchen Verlust konfrontiert sind? Thomas Kremer hat mit der Pfarrbriefredaktion darüber gesprochen.
"Verlust ist für mich identisch mit Trauer", macht er direkt klar. Und die erlebt er in seinem Beruf alltäglich, denn heute ist der erste Ansprechpartner nach dem Tod eines Angehörigen häufig der Bestatter
Diese Trauer über den Tod nimmt er als sehr vielschichtig und ganz individuell wahr; die Gefühle zeigen eine große Bandbreite "von völlig apathisch bis zu geradezu euphorisch" und alle denkbaren Zwischenstufen, ohne gesetzmäßige Phasen. Daher gibt es für ihn auch keine Rezepte, die jedem helfen, mit der Trauer umzugehen. Als Bestatter versucht er dann, sich an die Wünsche der Angehörigen vorsichtig heranzutasten und deren Fragen zu beantworten. Das dauert oft eine Weile, und ebenso wichtig wie das Reden und das Zuhören ist das Schweigen.
Thomas Kremer bringt sich auch mit einer besonderen persönlichen Erfahrung ein. Als Kind hatte er einen Freund, der von seinen Eltern nach dem Tod eines ersten Sohnes als "Ersatz" in die Welt gesetzt wurde. In seinem Kinderzimmer hing das Bild dieses Bruders, den er nie kennen gelernt hatte. Jeden Tag wurde er von den Eltern zu dessen Grab mitgenommen. Thomas Kremer hat diese familiäre Situation damals als sehr problematisch empfunden, obwohl er sie als Kind noch gar nicht so genau einordnen konnte. Wenn er heute als Bestatter Eltern erlebt, die ein Kind verloren haben, so macht er die Erfahrung, dass Familien oft an der Trauer zerbrechen, besonders dann, wenn Vater und Mutter unterschiedlich mit der Trauer umgehen. "Bei ihnen gerät dann alles aus den Fugen, es wird als die falsche Reihenfolge empfunden, wenn Eltern und Großeltern ein Kind begraben." Heute weiß Thomas Kremer, dass Eltern nicht selten dabei – ohne es zu merken – die verwaisten Geschwister überfordern. Daher rät der erfahrene Bestatter Familien, die ein Kind verloren haben, fast immer zu professioneller Hilfe.