Liebe Leserin, lieber Leser,
Warten steht in schlechtem Ruf. In unserer schnelllebigen, auf Effizienz bedachten Zeit ist das Warten hinderlich, störend, es nervt.
Die Pandemie allerdings hat vielen Menschen das Warten aufgenötigt – Warten auf einen Impftermin, auf ein Testergebnis, Warten auf einen immer wieder verschobenen Hochzeitstermin, die Öffnung von Geschäften und Restaurants, das Singen im Gottesdienst und erst recht im Chor und nicht zuletzt auf eine Umarmung von Freunden.
Mit der Entscheidung für das Thema "Warten" lenkt die Redaktion den Blick auf vielfältige, zum Teil ungewohnte Aspekte des Wartens. Wer in Vorfreude auf einen Besuch, einen Urlaub, ein Fest wartet, dessen Gefühle sind sehr anders als die beim angespannten Warten auf das Ergebnis einer ärztlichen Untersuchung, einer Wahl oder auf die Entscheidung über eine Bewerbung. Das ist uns allen vertraut. Weniger vertraut sind andere Aspekte: Das endlos lange Warten einer Schauspielerin zwischen dem Drehen einzelner Szenen, die Bedeutung der Einrichtung eines Wartezimmers, das Warten auf positive Veränderungen bei einem entwicklungsverzögerten Kind, das Warten auf eine Geburt und auch auf den Tod, das angespannte Warten auf den Ausgang eines heiklen Experimentes … Ältere Menschen kennen noch strenge und die Vorfreude steigernde Formen adventlichen Wartens (heute sind Weihnachtsbäume im Lichterglanz schon im Oktober zu sehen).
Die ersten Christen warteten auf das nahe Weltenende, von dessen Kommen sie überzeugt waren; die Katholiken unserer Tage warten – zumindest hierzulande und in großer Zahl – auf Veränderungen in unserer Kirche. Exemplarisch wird dies im Pfarrbrief an der Frage der Gleichberechtigung von Frauen in Gesellschaft und Kirche behandelt.