Über eine Freundin aus Kindertagen spricht Heidemarie H.
Ich habe immer empfunden, dass mit diesem Begriff Freundschaft sehr inflationär umgegangen wird. Man lernt sich kennen, trifft sich öfter und schon ist es eine „Freundin“. Ich war mit diesem Titel immer sehr sparsam und habe unterschieden zwischen Bekannten, guten Bekannten, aber den Titel "Freundin" habe ich immer sehr hoch gehalten.
Und ja, ich habe in meinem langen Leben auch Freundschaften gehabt; manche haben nicht gehalten, andere haben eine andere Wertigkeit bekommen, durch Umzüge und damit weniger gemeinsamen Alltag.
Eine Freundin aber habe ich schon immer, und wenn ich von ihr erzähle, dann hat das Wort Freundin ein hohes Gewicht. Wir waren Sandkastenfreundinnen, sie hieß wie ich – Heidemarie, und unsere Mütter einigten sich darauf, dass ich Heide und sie Heidi gerufen würde. Sie war ein Jahr älter und passte auf mich auf. Ich vertraute ihr blind und wir teilten alles. Ich war klein und ängstlich, Heidi mutiger, und wenn sie es merkte, dann nahm sie mich an die Hand und alles war gut.
Dann zogen wir um, und Heidi und ich verloren uns. Nicht zuletzt, weil sie im Osten und ich im Westen wohnte. Jahrzehnte später habe ich sie gesucht und trotz eines anderen Namens durch Heirat auch gefunden. Ich habe sie dann besucht, und es standen sich nach vielen, vielen Jahren zwei Frauen gegenüber, die sehr gerührt, aber sich doch fremd waren. Nein, es ist nicht immer so wie in Romanen, es war nicht so, als wären wir nie getrennt gewesen, aber wir halten Kontakt und mögen uns.
Meine Freundin aber ist und bleibt die kleine Heidi, meine erste tiefe Freundschaft aus Kindertagen.